Haushaltsnahe Dienstleistungsunternehmen stehen seit Jahren vor der Herausforderung, geeignetes Personal zu finden. Dabei ist die Nachfrage nach haushaltsnahen Dienstleistungen hoch und die Wartelisten neuer Kund:innen sind lang. Meist tragen die Unternehmer:innen selbst Sorge für die Qualifizierung von neuem, ungelerntem Personal – was einen hohen zeitlichen Aufwand bedeutet. Mit dem Referenzrahmen „Modulare (Teil)Qualifizierung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Hauswirtschaft“ unterstützt das Kompetenzzentrum PQHD Dienstleistungsunternehmen und Bildungsträger dabei, modulare Teilqualifizierungen anzubieten. Somit leistet es einen Beitrag zur niedrigschwelligen (Nach-)Qualifizierung der Mitarbeiter:innen in den haushaltsnahen Dienstleistungen.
Was beinhaltet der Referenzrahmen?
Der Referenzrahmen bereitet in drei Abschnitten allgemeine Informationen zum Instrument der Teilqualifizierung, zur modulare Teilqualifizierung (TQ) für haushaltsnahe Dienstleistungen und Hauswirtschaft und zu den Fördermöglichkeiten auf. Der Referenzrahmen verfolgt drei Ziele:
- Er soll erstens dabei helfen, Qualifizierungsangebote bundesweit an einem einheitlichen Standard auszurichten und somit die berufliche Mobilität für Teilnehmende erhöhen.
- Zweitens soll er auf den Bedarf an qualifiziertem Personal seitens der Dienstleistungsunternehmen reagieren und
- Drittens den in diesem Bereich Erwerbstätigen eine Perspektive durch Qualifikation und berufliche Weiterbildung bieten.
Kernstück des Referenzrahmens ist eine Strukturvorlage „Teilqualifizierung (TQ) Hauswirtschafter/in“. Sie ist als Handlungsempfehlung für die Ausgestaltung von Teilqualifizierungen zu sehen.
An wen richtet sich der Referenzrahmen?
Der Referenzrahmen bietet Bildungsträgern eine Grundlage, um neue Kursangebote anzubieten. Diese können von unterschiedlichen Dienstleistungsanbietern oder Verantwortlichen der Hauswirtschaft in sozialen Einrichtungen genutzt werden. Dazu wählen die Unternehmen für die jeweiligen Beschäftigten das passende Modul, für das sie ggf. eine finanzielle Förderung in Anspruch nehmen können.
Zielgruppe der Qualifizierungen sind insbesondere an- und ungelernte Mitarbeiter:innen von hauswirtschaftlichen Dienstleistern, Quer- und Wiedereinsteigende sowie Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose, für die Tätigkeiten in diesem Bereich eine Perspektive bieten.
Welche Vorteile bringt die modulare (Teil-)Qualifizierung für Dienstleistungsunternehmen?
Haushaltsnahe Dienstleistungsanbieter haben die Möglichkeit, ihre Leistungen im Rahmen der Unterstützung im Alltag nach § 45a SGB XI zu erbringen und abrechnen zu lassen. Hierfür bedarf es jedoch bei den Mitarbeitenden ein Mindestmaß an Qualifizierung für diese Tätigkeiten. Diese Qualifizierungsstandards werden derzeit in den jeweiligen Verordnungen der Bundesländer geregelt.
Viele Dienstleistungsanbieter müssen vor dem Hintergrund dieser sozialrechtlichen Vorgaben einerseits ungelernte Mitarbeitende nachqualifizieren und andererseits bereits adäquat qualifizierte Neubewerber:innen vorrangig einstellen.
Der Referenzrahmen eröffnet daher unterschiedliche Qualifizierungsformate: Da für den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen nicht zwingend eine Vollausbildung erforderlich ist, können die einzelne Module des Referenzrahmens zur gezielten Qualifizierung von Mitarbeitenden genutzt werden. Gleichzeitig eröffnet der Referenzrahmen aber auch die Möglichkeit, nachträglich zu einem Berufsabschluss zu gelangen, da dieser die Inhalte des gesamten Ausbildungsberufes Hauswirtschafter/in abdeckt.
Aufbau der „Teilqualifizierung (TQ) Hauswirtschafter/in“
Die Teilqualifizierung orientiert sich am Referenzberuf Hauswirtschafter/in. Dieser ist ein seit dem 1. August 2020 neu geordneter dualer Ausbildungsberuf auf (gem. BBiG) Niveaustufe 4 des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Alle (neuen) Inhalte des Ausbildungsrahmenplans (ARP) und des Rahmenlehrplans der Berufsausbildung (RLP) wurden auf sechs Module verteilt. Auf dieser Grundlage können Bildungsträger Curricula für ihr jeweiliges Modulangebot für (Teil)Qualifizierungen (TQ) entwickeln.
Jedes Modul ist von dem jeweiligen Bildungsträger als eigene Bildungsmaßnahme zu konzipieren und muss von einer fachkundigen Stelle zertifiziert und zugelassen werden. Die einzelnen Zertifikate sind jedoch keinem DQR-Niveau zugeordnet. Auch führt das erfolgreiche Durchlaufen aller sechs Module nicht automatisch zum Berufsabschluss Hauswirtschafter/in, denn nur eine zuständige Stelle vergibt nach bestandener Abschlussprüfung die Berufsbezeichnung.
Inhalte der Teilqualifizierung: Übersicht der Module
Die Module 1-3 behandeln Kompetenzen und Fertigkeiten, die zur Ausführung von betrieblichen Aufträgen benötigt werden.
- Modul 1: Reinigung und Pflege von Wohn- und Funktionsbereichen
- Modul 2: Alltägliche Versorgungsleistungen
- Modul 3: Alltägliche Betreuungsleistungen
In den Modulen 4-6 werden Fertigkeiten und Handlungskompetenzen vermittelt, die zum selbstständigen Organisieren und Planen von Aufträgen, in Kommunikation und Kontakt mit Kund:innen befähigen. Dies kann sowohl in führenden oder anleitenden Funktionen in haushaltsnahen Dienstleistungsunternehmen gefragt sein als auch in verschiedenen betrieblichen Einsatzfeldern, im Privathaushalt oder in sozialen Einrichtungen.
- Modul 4: Personengruppenorientierte Versorgungsleistungen
- Modul 5: Hauswirtschaftliche Leistungen für Personen in besonderen Lebensumständen
- Modul 6: Marketing für hauswirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen
Hintergrund: Entstehung und (Weiter-)Entwicklung des Referenzrahmens
Der vorliegende Referenzrahmen für Teilqualifizierungen in der Hauswirtschaft stellt die Weiterentwicklung eines Rahmen-Curriculums dar, welches 2015 von der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft e. V. (dgh), in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum PQHD veröffentlicht wurde. Dieses sogenannte „Curriculum“ beschreibt sehr ausführlich die Qualifizierungsbedarfe für haushaltsbezogene Dienstleistungen in Privathaushalten. Die Inhalte des Curriculums wurden von verschiedenen Bildungsträgern aufgegriffen und so entstanden sehr unterschiedliche Qualifizierungsangebote – mit verschiedenen kreativen Bezeichnungen, die sich bundesweit nur schwer vergleichen lassen.
Mit der Weiterentwicklung des dgh-Rahmen-Curriculums zum Referenzrahmen sollten mithilfe des Instruments der Teilqualifikation bundesweit einheitliche Standards geschaffen werden. Diese Standards zielen sowohl auf das Ausbildungsniveau als auch auf die Anerkennung/Verwertung und die Fördermöglichkeiten der Kurse ab. Dabei sind die Erfahrungen und Richtlinien zur Konstruktion einer Teilqualifizierung aus dem Projekt „ETAPP – mit Teilqualifizierung zum Berufsabschluss“ miteingeflossen. Ebenso wurde berücksichtigt, dass die in sich geschlossenen Module auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind und die Ausbildungsordnungen widerspiegeln. Die Teilqualifizierung bildet in der Gesamtheit den Inhalt eines Berufsbilds komplett ab.
Das Kompetenzzentrum PQHD hat verschiedene Expert:innenworkshops und Fachveranstaltungen zur Herausforderung der Personalgewinnung durchgeführt. Diese zeigten den Bedarf eines als Teilqualifizierung konzipierten Referenzrahmens für den Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen. Der Referenzrahmen wurde anschließend in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe aus 20 Organisationen und Institutionen unter Leitung von Prof. Christine Küster an der Hochschule Fulda von März bis September 2020 erarbeitet. Die Leitung und Koordination der Arbeitsgruppe hatte Dr. Mareike Bröcheler, Referentin beim Diakonischen Werk Württemberg, inne.