Überall in Europa verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. In Deutschland liegt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 18 Prozent. Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent. Ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.
Die Ursachen der Entgeltlücke sind weitgehend bekannt: Nach wie vor greift in Deutschland eine geschlechts-spezifische Berufswahl, die auch mit einer traditionell schlechteren Bezahlung von sog. typischen Frauenberufen einhergeht. Frauen erreichen in wesentlich geringerem Umfang Führungspositionen und unterbrechen aus Vereinbarkeitsgründen wesentlich länger ihre Erwerbstätigkeit und kommen dann allzu oft „nur“ in Teilzeit zurück. Gleichzeitig ist der Grundsatz der Entgeltgleichheit in seiner Reichweite und seinem Umfang vielen – Arbeitgebenden und Beschäftigten – gar nicht bekannt. Es fehlt oft an aktuellen, transparenten und klaren Entgeltstrukturen. Fehlende Transparenz über Entgeltstrukturen erhöhen jedoch das Risiko ungewollter Entgeltunterschiede und damit potenzieller Entgeltdiskriminierung.
Transparenz dagegen nützt Arbeitgebern und Beschäftigten gleichermaßen – sie schafft Vertrauen und zeigt, dass sich Unternehmen oder Behörden für gleiche Einkommenschancen für Frauen und Männer einsetzen.
Gender Pay Gap in Deutschland und im europäischen Vergleich
In Deutschland ging der Gender Pay Gap zwischen 2015 und 2020 nur leicht von 22 Prozent auf 18 Prozent zurück. Das bedeutet: Pro Stunde erhielten Frauen 2021 durchschnittlich 19,12 Euro brutto, Männer hingegen 23,20 Euro (Statistisches Bundesamt 2022). 71 Prozent des Verdienstunterschieds sind strukturbedingt, also unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen in schlechter bezahlten Branchen und Berufen arbeiten und seltener Führungspositionen erreichen.
Der Gender Pay Gap fällt selbst innerhalb der Bundesrepublik sehr unterschiedlich aus. In Ostdeutschland lag er 2021 bei sechs Prozent, in Westdeutschland und Berlin bei 19 Prozent. Das hat verschiedene Gründe. In Ostdeutschland arbeiten Frauen öfter in Vollzeit, sie arbeiten in der Privatwirtschaft häufiger in Führungspositionen und sie sind in höher bezahlten Berufen der Industrie und Fertigung tätig. Außerdem arbeiten Männer in Ostdeutschland im Vergleich zu Westdeutschland öfter im niedriger bezahlten Dienstleistungsbereich und es gibt weniger tarifgebundene Arbeitsplätze. Zudem fallen die Löhne und Gehälter in Ostdeutschland insgesamt niedriger aus als die Durchschnittsverdienste in Westdeutschland.
Im Europäischen Vergleich ist der Gender Pay Gap in Deutschland deutlich höher als im EU-Durchschnitt. In der EU-27 beträgt der Gender Pay Gap 13 Prozent. Nur Lettland mit 22 Prozent, Estland mit 21 Prozent und Österreich mit 19 Prozent weisen einen noch höheren geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied auf. Die Staaten mit den EU-weit geringsten geschlechtsspezifischen Unterschieden im Bruttostundenverdienst waren Luxemburg (1 Prozent), Rumänien (2 Prozent) sowie Slowenien (3 Prozent).
Warum Entgeltgleichheit sinnvoll ist?
Es gibt erst viele Gründe, sich nicht mit dem Thema Entgeltgleichheit zu beschäftigen: Der Gender Pay Gap ist ein komplexes Thema, die Ursachen vielfältig; es gibt so viele Aspekte für Unternehmen zu berücksichtigen und keiner weiß, wo es anzufangen gilt. Und überhaupt, über Geld bzw. Gehalt spricht man nicht und eine bestehende Unternehmenskultur zu verändern, kostet viel Zeit und Ressourcen. Und andere Themen sind gerade sowieso viel wichtiger.
Wir wissen aber auch: Jedes Unternehmen kann es ab morgen anders machen und sich auf den Weg begeben, fair, gerecht und transparent zu bezahlen. Wir unterstützen Sie dabei, wenn Sie noch unentschlossen sind, wenn Sie bisher zu wenige Informationen haben, wie Sie starten können.
Es gibt – mindestens – fünf gute Gründe, wieso Sie sich als Unternehmen jetzt mit Entgelttransparenz beschäftigen sollten:
Entgelttransparenz ist ...
INNOVATIV – New Work in Zeiten der Digitalisierung
In Zeiten der digitalen Transformation verändern technologische und gesellschaftliche Entwicklungen die Rahmenbedingungen für Unternehmen auf ganz grundlegende Weise. Dies betrifft KMUs in gleicher Weise wie große globale Player und DAX-Unternehmen.
Im Übergang zur Wissensgesellschaft, in dem mit Innovationen nicht mehr nur technische Erfindungen, sondern vermehrt soziale Innovationen gemeint sind, prägen Kommunikation und Kooperation die Zusammenarbeit. Mit neuen Ansätzen für die Arbeitswelt 4.0 wird New Work zu einem wichtigen Begriff für Unternehmen jeder Branche und Größe. Und dazu gehört auch Entgeltgleichheit und Entgelttransparenz.
Durch eine transparente Entgeltanalyse können Handlungsbedarfe gesichtet, die „gefühlte Lohngerechtigkeit“ mit dem tatsächlichen Entgeltsystem abgeglichen und so für Klarheit im Unternehmen gesorgt werden. Dabei ist Lohngerechtigkeit keine Frage der Größe, sondern der Unternehmenskultur.
WETTBEWERBSFÄHIG – Personalpolitik als wirtschaftlicher Vorteil
Transparenz hat positive Auswirkungen auf die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt. Gleichstellung wiederum hat positive Auswirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft, wie zahlreiche Studien und Prognosen belegen . Und Transparenz rechnet sich auch direkt für Unternehmen in vielerlei Hinsicht. Eine moderne und transparente Personal- und Entgeltstrategie steigert die Attraktivität von Unternehmen für Investoren und Stakeholder und platziert das Unternehmen auf der Trendwelle zum „Responsible Investment“, bei dem neben Kriterien zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz Aspekte wie soziale Verantwortung und Diversity Management an Bedeutung gewinnen.
Die Implementierung von Nachhaltigkeitszielen in der Geschäftsstrategie ist mittlerweile aus den meisten Unternehmen nicht mehr wegzudenken. In Zukunft wird sich der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen auch an ihrem Engagement für Gleichstellung und soziale Ziele messen lassen. So profitieren Unternehmen von einem sozialen und nachhaltigen Image und das Engagement für soziale Nachhaltigkeit wird zum Wirtschaftsvorteil.
ATTRAKTIV – Die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen und halten
Indem sich Unternehmen mit Entgelttransparenz durch einen hohen sozialen Innovationsgrad auszeichnen, steigert sich ihre Attraktivität für potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Denn gerade jüngere Arbeitssuchende legen Wert auf Chancengleichheit und eine offene Unternehmenskultur. Transparenz ermöglicht Augenhöhe: Wenn alle wissen, worum es geht, können alle mitreden. Und wer Einkommensunterschiede begründen kann, stärkt die Zufriedenheit und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen.
Zudem: Der Fachkräftemangel in Deutschland ist in männertypischen Berufen größer als in frauentypischen Berufen. Durch einen offenen Umgang mit dem Thema Entgeltgleichheit und fairen Chancen für Frauen und Männer gewinnen Unternehmen an Attraktivität und dadurch neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade junge und gut ausgebildete Frauen und Männer wollen eine moderne Personalpolitik, die sie darin unterstützt, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Entgelttransparenz bringt also nicht nur Vorteile beim erfolgreichen Employer Branding, sondern birgt auch ein großes Potenzial beim Thema Recruiting und Talentmanagement.
FLEXIBEL – Arbeit neu denken mit Entgelttransparenz
Flexibilität ist nicht nur ein Schlagwort, sondern ist in vielen Unternehmen bereits die Prämisse des Arbeitens. Vergütungsprinzipien in Unternehmen sind hingegen oft vor vielen Jahren entstanden und schwanken zwischen starren Tarifverträgen auf der einen Seite und dem „Gesetz der besten Verhandlung” auf der anderen Seite. Wenn Flexibilität bei den Beschäftigten gefragt und gefordert ist, sollte darauf auch transparent, flexibel und leistungsgerecht in der Vergütung reagiert werden können.
Wer die Art der Zusammenarbeit verändert, wer Führung und Verantwortung neu denkt und verteilt und stärker auf Selbstverantwortung setzt, muss sich die Frage gefallen lassen: Passt die Vergütung noch zur Unternehmenskultur? Ein transparentes, faires und leistungsgerechtes Entgeltsystem trägt den neuen Arbeitsformen und -zeiten Rechnung.
VERANTWORTUNGSVOLL – Faire Bezahlung als Teil der Nachhaltigkeitsstrategie
Transparenz und Nachhaltigkeit müssen von nun an immer zusammen gedacht werden. „Gleichstellung” und „faire Bezahlung” gehören zu den Querschnittsthemen der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Mit dem fünften der 17 globalen Ziele für die Nachhaltige Entwicklung, der „Geschlechtergleichheit”, gehört neben Chancengleichheit auch die Aufwertung unbezahlter Care-Arbeit, ein ausbalancierter Anteil von Männern und Frauen in Führungspositionen und Zugänge zu wirtschaftlichen Ressourcen, Eigentum und Finanzen – für alle.
Zudem lautet das achte der 17 Ziele „menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum". Auch hier gibt es wichtige Bezüge zu Entgelttransparenz als Grundlage für auskömmliche und faire Arbeitsbedingungen, die wiederum Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sind. Zahlreiche Unternehmen stellen ihre Nachhaltigkeitsstrategien mittlerweile in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation, die CSR-Aktivitäten stehen oft im Fokus des Interesses – gerade auch für Kundinnen und Kunden, denen eine nachhaltige Lebensweise und nachhaltig produzierte Produkte wichtig sind. Um diese Ziele in Unternehmen zu erreichen, braucht es zuallererst auch Transparenz und innovative Entgeltstrategien.