Das Berufswahl-Spektrum erweitern Studie zur Berufswahl von Jugendlichen

Junge Frau mit Büchern in der Hand in einer Bibliothek
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Besonders betroffen sind sogenannte typische Frauen- und Männerberufe, etwa in der Pflege oder im Handwerk. Um diesem Ungleichgewicht entgegenzuwirken, sollte bei der Berufsorientierung künftig nicht nur berücksichtigt werden, was einen Beruf attraktiv macht, es muss auch darüber gesprochen werden, weshalb manche Berufe von vornherein ausgeschlossen werden, nur so kann sich langfristig das Spektrum an Berufswahloptionen erweitern. Durch den demografischen Wandel zeichnen sich bereits in absehbarer Zeit Fachkräfteengpässe speziell auf der mittleren Qualifikationsebene ab. Während immer mehr Personen aus dem Berufsleben ausscheiden, gleichzeitig aber der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften steigt, rücken weniger Berufseinsteiger und -einsteigerinnen nach, so dass offene Ausbildungsplätze zunehmend nicht besetzt werden können.

Berufsfindung: Jugendliche schließen viele Berufe von vornherein aus    

Grund dafür ist unter anderem, dass die Bandbreite an überhaupt in Frage kommenden Berufen bei vielen Jugendlichen vergleichsweise gering ausfällt. Während es im kaufmännischen Bereich und im Mediensektor deutlich mehr Bewerber als Ausbildungsplätze gibt, sieht es besonders im Lebensmittelhandwerk, der Gastronomie und der Reinigungsbranche umgekehrt aus. Selbst inhaltlich verwandte, aber weniger nachgefragte Berufe werden nicht als Alternative zur Wunschausbildung gesehen. Ursache dafür könnte sein, dass Berufe durch Aversionsfaktoren ausgeschlossen werden, auch wenn gleichzeitig Attraktionsfaktoren vorhanden sind. Welche Rolle diese Negativ-Faktoren spielen, zeigt die BIBB-Studie am Beispiel des Pflegebereichs, in dem bereits ein Fachkräftemangel besteht und das Geschlechterverhältnis ausgeprägt einseitig ist. Für die Untersuchung wurden knapp 1500 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen neun und zehn an Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien in Nordrhein-Westfalen befragt.

Reaktionen des sozialen Umfelds oft wichtiger als eigene Neigungen

Als zentraler Aversionsfaktor in der Berufsfindung stellte sich dabei die Erwartung einer mangelnden sozialen Passung heraus. Bedingt durch das menschliche Bedürfnis nach Anerkennung werden Berufe mit einem (vermuteten) unvorteilhaften Image in der eigenen Bezugsgruppe zumeist unbewusst ausgeschlossen, auch wenn sie eigentlich der eigenen Neigung entsprechen.

Engpass-Berufe langfristig attraktiver machen – Berufsorientierung individualisieren

Ein Ansatzpunkt, um der Nicht-Wahl von Berufen entgegen zu wirken, ist die Verbesserung der Ausbildungs- und Rahmenbedingungen betroffener Berufe – also unter anderem bessere Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie ein gutes Betriebsklima, gute Übernahmechancen nach der Ausbildung und sichere Arbeitsplätze. Langfristig könnten laut der Studie so stereotype Vorstellungen verändert und negative Reaktionen verhindert werden. Insbesondere mit Hinblick auf die anhaltende Tendenz zu geschlechtstypischen Berufswahlen sollte in der Berufsorientierung künftig individualisierter gearbeitet werden. So könnten Berufswahltests nicht nur berücksichtigen, was als besonders interessant und geeignet angesehen wird, sondern auch, was Jugendliche auf jeden Fall vermeiden möchten. So würden sich junge Menschen ernster genommen fühlen und sich unter Umständen tiefergehend damit auseinandersetzen, was sie bei der Berufsfindung bewegt.