Minijobs sind eine gängige Beschäftigungsform auf dem deutschen Arbeitsmarkt, doch bieten sie nicht nur Vorteile. Im Kontext eines wandelnden Arbeitsmarktes und des Abgangs einer großen Anzahl Fachkräfte durch die Pensionierung der Babyboomer-Generation sowie des steigenden Fachkräftemangels wirft diese Beschäftigungsform Fragen auf. Um dem effektiv zu begegnen, hat die Bundesregierung mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz und der Fachkräftestrategie schon bedeutende Maßnahmen umgesetzt. Gleichzeitig würden viele Arbeitnehmende in Teilzeit oder Minijobs gerne ihre Arbeitsstunden erhöhen, eine vollwertigere Beschäftigung aufnehmen oder ihre bestehende Anstellung ausbauen.
Vor- und Nachteile von Minijobs
Minijobs sind für viele Erwerbstätige und Arbeitgebende attraktiv, weil sie scheinbar eine hohe Flexibilität bieten und steuerlich attraktiv sind. Die Form der geringfügigen Beschäftigung ist zudem für viele Menschen leicht zugänglich, ob begleitend zum Studium, ergänzend zur Rente oder ausschließlich als „Minijob-pur“. Minijobs bieten somit einen Einstieg in den Arbeitsmarkt und sind zudem eine gute Option, um sich beruflich zu orientieren, ohne langfristige Bindungen oder Verpflichtungen einzugehen. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren ebenfalls von der Flexibilität, die Mitarbeitende in Minijob-Anstellung bieten, indem diese schnell und auftragsorientiert in spontanen Situationen eingesetzt werden können.
Allerdings bestehen durch die geringen Verdienstmöglichkeiten kein Sozialversicherungsschutz und folglich auch kein Anspruch auf Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld – ein Umstand, der während der Pandemie-Maßnahmen besonders zu Lasten der Frauen ging, die die Mehrzahl der ausschließlich geringfügig Beschäftigten bilden. Eigene Rentenanspräche können aus Minijobs nur in sehr geringem Umfang erwirtschaftet werden. Betriebe erleben eine hohe Personalfluktuation und ein beachtliches Potenzial an Fachkräften bleibt ungenutzt. Hinzu kommt, dass geringfügige Beschäftigungen kaum berufliche Weiterentwicklung oder fortlaufende Qualifikationen mit sich bringen, was ebenso die soziale Absicherung der Beschäftigten minimiert. Ein spezielles Problem ergibt sich außerdem für Frauen: Durch das Ehegattensplitting und die Steuerklasse V besteht für die Person, die das geringere Einkommen hat – ganz überwiegend die Frau – ein Anreiz, im Minijob zu verharren, da der Übergang in ein sozialversichertes Beschäftigungsverhältnis zu höheren Steuersätzen und zusätzlichen Krankenversicherungskosten führt.
Arbeitsanreize und Fachkräftesicherung durch die Wachstumsinitiative
Als Antwort auf diese Herausforderungen hat die Bundesregierung mit ihrer im Juli 2024 beschlossenen Wachstumsinitiative mehrere Aspekte ins Spiel gebracht: Diese Initiative zielt darauf ab, durch neue wirtschaftliche Impulse die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nachhaltig zu stärken und den nationalen Wohlstand zu sichern. So sollen unter anderem flexible Arbeitsmodelle ermöglicht werden, die Fachkräfteeinwanderung vereinfacht werden und Bürokratielasten abgebaut werden. Zudem soll die Frauenerwerbstätigkeit gestärkt werden und durch ein verbessertes Angebot an Kindertagesbetreuung eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht werden. Mit der Initiative sollen außerdem Anreize geschaffen werden, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder eine bestehende Erwerbstätigkeit zu erweitern. So sollen finanzielle Vorteile die Aufnahme und die Ausweitung von Erwerbsarbeit begünstigen, womit insbesondere auch der Schritt von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen erleichtert werden kann. Vorgesehen ist dazu beispielsweise die steuerliche Begünstigung von Prämien, die Arbeitgebende bei der Ausweitung der Arbeitszeit zahlen können.
Informationskampagnen und Entgelttransparenz schaffen weitere Anreize
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schlägt zum Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung weitere begleitende Maßnahmen vor: So können Informationskampagnen und die Steigerung der Lohntransparenz wichtige Anreize schaffen. Viele Beschäftigte im Niedriglohnsektor haben keine ausreichende Kenntnis über die Möglichkeiten des Arbeitsmarktes und unterschätzen ihr Einkommenspotenzial. Informative Kampagnen können hier Bewusstsein schaffen und die Alternativen aufzeigen. So kann die Motivation gesteigert werden, sich beruflich weiterzuentwickeln. Die Transparenz bei Löhnen und Gehältern kann eine zusätzliche Anreizfunktion übernehmen, indem sie die Bezahlung bei verschiedenen Arbeitgebern offengelegt und somit dynamische Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt erzeugt.